Am letzten Sonntag setzte Merle Schmidt bei den Deutschen Mehrkampfmeisterschaften U18 in Halle im abschließenden 800 m Lauf den Schlusspunkt unter eine Saison mit vielen Höhen und Tiefen. Mit hervorragenden 2:19,41 min kam sie mit einem Riesenvorsprung ins Ziel und beendete den Siebenkampf mit einem für sie sehr versöhnlichem Ergebnis.
Die Siebenkampfmannschaft, bestehend aus Mayleen Bartz, Bernice Amofa und Merle Schmidt, qualifizierte sich im Mai in Kiel für die Deutschen Meisterschaften. Alle drei erreichten jeweils die erforderliche Punktzahl von 4.500 Punkten.
Im Juni verletzte sich Bernice Amofa in Walldorf bei einem Wettkampf über 100 m Hürden schwer. Der Verlauf der restlichen Saison stand in den Sternen. Es stand zu befürchten, dass Bernice die Saison vorzeitig beenden muss.
Für Mayleen Bartz lief es hingegen nach gesundheitlichen Problemen im Juni ab Mitte Juli wieder richtig gut. Sie wurde trotz sehr starker Konkurrenz in Ulm Deutsche Jugendmeisterin über 100 m Hürden.
Aber dann kam die Hiobsbotschaft: Der Deutsche Leichtathletikverband beschränkte Mitte Juli die Teilnehmerzahl für die Deutschen Mehrkampfmeisterschaften auf 20 Athletinnen. Die Stader Mädchen rangieren mit ihren in Kiel erzielten Punktzahlen auf den Rängen dahinter, wären damit raus. Hinter den Kulissen wurde daraufhin heftig gerungen, die betroffenen Athletinnen und ihre Vereine beschwerten sich erfolgreich beim DLV. Schlussendlich wurden alle 27 Athletinnen mit erfüllter Qualifikationsnorm, die in Halle bei den DM starten wollten, zugelassen.
Für die Stader Mädchen war dann aber immer noch nicht klar, ob sie wirklich zu dritt antreten konnten, um in die Mannschaftswertung zu kommen. Zwei Wochen vor dem Wettkampf war für Bernice Amofa weiterhin kein Lauf- und Sprungtraining möglich. Dann die Kehrtwende wenige Tage vor dem Wettkampf, Bernice meldet sich mit der Nachricht: „Ich versuche es.“
Am letzten Samstag dann der Wettkampfauftakt über 100 m Hürden. Nach neun Wochen Pause ohne Training rennt Bernice starke 15,51 Sekunden. Auf die gute Nachricht folgt umgehend die schlechte: eine alte Adduktorenzerrung bricht bei Mayleen bei ihren starken 14,15 Sekunden über die Hürden wieder auf.
Mayleen Bartz beißt die Zähne zusammen, springt 5,39 m weit und läuft über 100 m mit 12,47 Sekunden im Bereich ihrer Bestleistung. Sie hält noch bis zum Hochsprung durch, tritt im 800 m Lauf aber nur noch an. Laut Regelwerk ist dies ein regulär absolvierter Siebenkampf.
Bernice Amofa holen die Knieschmerzen am Ende des ersten Tages plötzlich mitten im 100 m Lauf wieder ein. Sie muss abbrechen, kann nur noch ins Ziel joggen. Aber auch sie zieht weiter durch. Am zweiten Wettkampftag erzielt sie mit schmerzendem Knie 31,72 m im Speerwerfen und 1,54 m im Hochsprung. Danach treten dann zusätzlich muskuläre Probleme am Oberschenkel auf und so läuft sie im 800 m Lauf nur noch an, damit auch ihr Siebenkampf in die Mannschaftswertung mit eingehen kann.
Das bedeutet, dass einzig Merle Schmidt den Siebenkampf ohne Komplikationen beendet. Aber sie bleibt – mit Ausnahme des 800 m Laufes – unter ihren Möglichkeiten. Kein Wunder in diesem Wechselbad der Gefühle, ob ihre Mannschaftskameradinnen den Wettkampf werden beenden können.
Schlussendlich stehen die Drei am Ende von zwei nervenaufreibenden Tagen oben auf dem Podest. Denn kein anderer Verein hat es geschafft, drei Athletinnen an den Start zu bringen. Sei es aufgrund von Verletzungen oder auch weil die Norm nicht erfüllt wurde. Der Stadionsprecher bringt es bei der Siegerehrung auf dem Punkt: „Ihr seid das einzige Team, das es als Mannschaft regulär in diesen Wettkampf geschafft habt, ihr habt als Team zusammengestanden, trotz Verletzungen durchgehalten und damit seid ihr auch ein verdienter Deutscher Meister, die Punktzahl spielt doch keine Rolle bei dieser Vorgeschichte!“
Der großartige Erfolg in der Königsdisziplin der Leichtathletik hat viele Mütter und Väter: Talent und Ehrgeiz bei den Athletinnen sowie gutes Teamwork bei den Trainern. Hauptverantwortlicher Trainer ist seit geraumer Zeit Friedo Hoefer, unterstützt wird er von Gesine Sierwald, Bianca Zastrow und Guido Clostermann in den unterschiedlichen Disziplinen. Und zu guter Letzt steht mit dem VfL Stade ein Verein dahinter, der die Mädchen in jeder Hinsicht unterstützt.
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