Autor: DANIEL BERLIN – QUELLE: STADER TAGEBLATT 12.01.2020
STADE. Die Leichtathletik-Abteilung des VfL Stade boomt. „Wir haben Zuwachs ohne Ende“, sagt Spartenchef Matthias Meier. Vielleicht liegt das auch daran, dass der VfL das erfolgreichste Jahr der Vereinsgeschichte hinter sich hat.
Im Siebenkampf gewann die Mädchen-Mannschaft der Altersklasse W 14 im vergangenen Sommer die deutsche Vizemeisterschaft. Pünktlich zum Saisonhöhepunkt präsentierte sich die Mannschaft in Mainz in ihrer besten Verfassung. „Sie haben es geschafft, fokussiert zu sein und konnten alles andere ausblenden“, sagt Meier. Die Silbermedaillen gab es als Belohnung. 2020 liege der Schwerpunkt wiederum im Mehrkampf, sagt Meier. Die Vizemeisterinnen Mayleen Bartz, Merle Schmidt und Bernice Amofa dürften altersbedingt in dieser Zusammensetzung bei den nächsten deutschen Meisterschaften erneut an den Start gehen. Da fängt sogar der Spartenleiter an, von Gold zu träumen.
Ende 2019 zählte die Abteilung 413 Leichtathleten. In den vergangenen Jahren habe sich die Anzahl der Aktiven verdoppelt, sagt Meier. 100 Athleten davon treten regelmäßig bei Wettkämpfen an. Jeden Tag ab 16 Uhr treffen sich die verschiedenen Trainingsgruppen in den Hallen und auf den Sportplätzen der Stadt. Acht qualifizierte Trainer kümmern sich um die Sportler. Der Deutsche Leichtathletikverband (DLV) setze auf spielerische Leichtathletik, ohne Wettstreit. Weil das im Alter bis zu zwölf Jahren pädagogisch wertvoller sei, sagt Meier. Der VfL Stade sieht das offenbar anders und setzt auf den Wettstreit. „Wir haben die Philosophie, aus jedem das Beste herauszuholen“, sagt Meier. Das Konzept scheine zu reifen, entgegen dem Trend.
Jonas Hinsch führt die Bestenliste an
Früher, so Meier, sei dem VfL Stade nachgesagt worden, der Verein könne nur erfolgreiche Mädchen hervorbringen. Aber längst rückten die Jungen nach. Der DLV veröffentlichte vor einigen Wochen die Bestenlisten des Jahres 2019. Zwölfmal führt der Dachverband der deutschen Leichtathletik Mädchen des VfL Stade unter den besten 30 auf. Gemessen an den Top-Ten-Platzierungen ist der Verein sogar der erfolgreichste in ganz Deutschland. Neunmal stehen Jungen des Clubs in den Top 30. Jonas Hinsch ist als Sprinter und Neunkämpfer in die deutsche Spitze gerückt. Philipp Zastrow feiert im Diskuswerfen Erfolge. Jannik Kühlke komplettiert das starke Team, das im Mehrkampf auf Landesebene das Feld dominiert.
Mayleen Bartz sprintet die 100 Meter in 12,39 Sekunden und ist damit fünftbeste Sprinterin deutschlandweit in ihrer Altersklasse. Über 80 Meter Hürden rangiert Bartz mit einer Zeit von 11,91 Sekunden sogar auf Rang vier. Bernice Amofas Bestleistung im Hochsprung liegt bei 1,68 Meter. Nur drei Deutsche sind besser, die Erste nur zwei Zentimeter weit weg.
Kann der VfL Stade ob seines goldenen Jahrgangs kurzfristig deutsche Meister oder langfristig sogar Olympioniken stellen? Das käme einem Blick in die Kristallkugel gleich, meint Spartenleiter Matthias Meier. Denn jetzt beginnt das Alter, in dem sich die Jugendlichen auch langsam beruflich orientieren. Sie wägen schulische und sportliche Ausbildung gegeneinander ab, verfolgen vielleicht andere Interessen. Der VfL Stade könne keine Bedingungen für Hochleistungssport schaffen. Schon jetzt trainieren die besten Stader regelmäßig in Hannover im Landeskader. Aber ein kompletter Wechsel zum Olympiastützpunkt bedeute auch, junge Menschen aus ihrem sozialen Umfeld zu reißen. „Das wird oft verkannt“, sagt Meier. Die Leistungssteigerung kommt mit einem Wechsel nicht automatisch.
Beim VfL Stade steht in der kalten Jahreszeit erst mal Hallentraining auf dem Plan. Am nächsten Wochenende starten die unter 16-Jährigen bei der Landesmeisterschaft in Hannover. Als Höhepunkt der Saison sieht Meier die nicht, eher als Abwechslung. Im Sommer will der VfL wieder richtig angreifen.
Schlichtmann stellt düstere These auf
LANDKREIS. Der Kreis-Leichtathletikverband (KLV) steht vor einem personellen Umbruch. In zwölf Monaten wird der 1. Vorsitzende, Johann Schlichtmann, seinen Posten zur Verfügung stellen. Auch Kassenwart Werner Klintworth hat den Ausstieg aus der Vorstandsarbeit angekündigt. Schlichtmann wird in diesem Jahr 65 Jahre alt. „Ich denke, es reicht“, sagt er. Seit 2003 leitet er die Geschicke des KLV. Seit 1974 agiert er als Leichtathletiktrainer. Viele Jahre war er Vorsitzender des TuS Oldendorf.
Schlichtmann will in diesem Jahr den Führungswechsel vorbereiten. Nicht aber, ohne seinen potenziellen Nachfolger auf die wichtigsten Baustellen hinzuweisen. Bei einem Blick in den Terminkalender des Jahres 2020 wird nämlich deutlich, dass es der KLV nicht mehr schafft, die richtig hochklassigen Wettbewerbe in den Landkreis Stade zu holen. „Wenn mir die örtliche Unterstützung versagt wird, kann ich die Wettbewerbe nicht anmelden“, sagt Schlichtmann. Er wollte Landes- oder wenigstens Bezirksmeisterschaften ausrichten. Allein es fehlten die freiwilligen Helfer. Vor allem in seiner sportlichen Heimat Oldendorf, oder in der Leichtathletik-Gemeinschaft Nord Stade, einem Zusammenschluss aus den Sportvereinen in Hammah, Oldendorf und Himmelpforten. Optimistisch blickt Schlichtmann nach Harsefeld und Stade. Dort entwickelten sich die Leichtathletik-Abteilungen positiv.
Gemeinsam für mehr Ehrenamtliche?
„Die klassische Leichtathletik wird nicht überleben“, lautet Schlichtmanns düstere These. Reine Kreis-, Bezirks-, oder Landesmeisterschaften lockten keinen Zuschauer mehr hinter dem Ofen hervor, sagt er. Der Sport müsse andere Wege gehen, Eventcharakter einführen und Parallelveranstaltungen in die sportlichen Veranstaltungen einbetten. Ein Stabhochsprung-Meeting in Uelzens Innenstadt nennt er als gutes Beispiel.
In der Praxis fehlen den Vereinen immer mehr die engagierten Ehrenamtlichen. Das stellt auch Johann Schlichtmann fest, der sich seit Jahren in vielen Vereinen engagiert. Schlichtmann gibt jetzt einen Denkanstoß, der den Vereinen das Überleben sichern könnte. „Warum organisieren sich nicht alle Vereine einer Kommune unter einem Dach?“ Schützen, Sportler, Kaninchenzüchter, Heimatkundler mit einer gemeinsamen Geschäftsstelle und einem hauptamtlichen Vorstand, könnte seiner Meinung nach ein Zukunftsmodell sein.
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